Deutschland ist beim Thema Verpackungen Europas Spitzenreiter.
Deutschland ist beim Thema Verpackungsmüll Europas Spitzenreiter. Foto: M. Schuppich/AdobeStock
2. Dezember 2021 | Bürgerinfo

Ressource Verpackungen: Wieder wiederverwenden

Deutschland verzeichnet einen neuen Höchststand beim Müll aus Verpackungen und bleibt damit in Europas Spitzenreiter. Das zeigen veröffentlichte Zahlen des Umweltbundesamtes (UBA). Demnach fielen 2019 insgesamt 18,91 Millionen Tonnen an, 47 000 Tonnen Abfall mehr als im Vorjahr. Das entspricht einem durchschnittlichen Pro-Kopf-Verbrauch von 227,55 Kilogramm. Der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch in Europa liegt bei 177,38 Kilogramm.

Produktverantwortung für Verpackungen

„Wir müssen eine Trendumkehr beim Verpackungsaufkommen schaffen“, fordert UBA-Kreislaufwirtschaftsleiterin Bettina Rechenberg. Klar, Abfall zu vermeiden, ist natürlich das oberste Gebot. Aber auch mehr recycelte Materialien für neue Produkte zu verwenden, würden der Kreislaufwirtschaft bereits einen großen Dienst erweisen. Dunkelgraue Farbeimer oder meerblaue Blumentöpfe mit 90 Prozent Rezyklateinsatz – nur zwei Beispiele, die den Recyclingwächtern von der Zentralen Stelle Verpackungsregister (ZSVR) zeigen, dass in Sachen „Produktverantwortung für Verpackungen“ Fortschritte zu beobachten sind.

Verpackungen aus sortenreinem Material

Viele Unternehmen, so die ZSVR, ersetzten reine Kunststoff-Verpackungen durch faserbasierte mit einer Kunststoffbeschichtung. Diese Verpackungen, die man zumeist für Lebensmittel nutzt, scheinen umweltfreundlich zu sein, weil sie sich anfühlen wie Papier oder Pappe und den Konsumenten ein beruhigendes Gefühl geben. „Doch das Recycling ist wegen der Kunststoffschicht begrenzt“, sagt ZSVR-Vorstand Gunda Rachut. Deshalb seien solcherart Verpackungen ökologisch bedenklich. Rachut findet es grundsätzlich gut, dass „das Marketing die ökologische Verpackung entdeckt“ habe – zumal dann, wenn es sich um ein recyclinggerechtes Monomaterial handelt, also eine Verpackung aus nur einem „sortenreinen“ Material, zum Beispiel Polypropylen (PP).

Wenn es aber „ein schwer recycelbarer Materialverbund ist, der nur mit brauner Farbe öko suggeriert“, dann sei das für die Kreislaufwirtschaft eine Sackgasse. Zumindest die Richtung sei aber positiv, betont Rachut: „Für die nicht vermeidbare Verpackung gibt es keine Entschuldigung mehr, sie nicht als zukünftige Ressource zu gestalten.“

Bedarfsgerechter Einkauf ökologisch am sinnvollsten

Und ist es andererseits aus Umweltschutzsicht denn immer von Vorteil, Verpackungen zu vermeiden? Darauf antwortet das Umweltbundesamt so: „Zu beachten beim Thema Verpackungsvermeidung ist, dass der Inhalt meistens eine viel größere Umweltbelastung hat als die Verpackung. Deswegen ist wichtig, dass die Vermeidung von Verpackungen nicht zu erheblich mehr Lebensmittelabfällen oder anderen Abfällen führt. Ein bedarfsgerechter Einkauf ist daher optimal, um sowohl Verpackungs- als auch Lebensmittelabfälle zu verringern.“

Warum sind wir Europameister im Verpackungsverbrauch?
Seit Jahren gibt es einen steigenden Verbrauch von Getränken und Nahrungsmitteln (dazu zählt auch Heimtierfutter), sie sind für mehr als 60 Prozent des Verpackungsabfalls privater Konsumenten verantwortlich. Der Anteil kleinerer Haushalte (Ein- und Zweipersonenhaushalte) nimmt in Deutschland seit vielen Jahren zu. Durch die sich verändernde Altersstruktur nehmen auch Seniorenhaushalte zu. Beides führt dazu, dass tendenziell kleinere Portionsgrößen und Verpackungseinheiten gewählt werden. Verpackungen mit Zusatzfunktionen nehmen zu, beispielsweise wiederverschließbare Lebensmittelverpackungen oder Sprühaufsätze bei Reinigungsmitteln. Auch der Unterwegs-Konsum (To-go) von Essen und Getränken ist mehr geworden. Große und steigende Mengen von Verpackungsabfällen fallen durch den zunehmenden Onlinehandel und dessen Einwegversandverpackungen an.

Wie man Verpackung vermeidet:

  • Trinken Sie Leitungswasser. Leitungswasser ist in Deutschland aus vielerlei Gründen eine gute Wahl, dazu zählt nicht zuletzt die Vermeidung von Verpackungsabfall. Dank der guten Wasserqualität hierzulande ist der Konsum unbedenklich und spart neben Müll auch noch Geld und Zeit.
  • Verwenden Sie Mehrwegflaschen. Getränke haben einen hohen Anteil am Verpackungsverbrauch. Neben Leitungswasser gibt es für andere Getränke zahlreiche Alternativen in Mehrwegflaschen. Die Flaschen werden nach der Rückgabe als Leergut gereinigt und wieder befüllt. Wenn Sie regionale Produkte in Mehrwegverpackungen wählen, können Sie nicht nur Verpackungsabfälle, sondern auch unnötige Belastungen durch weite Transporte vermeiden.
  • Nutzen Sie Mehrwegbecher. Wenn Sie häufig einen Kaffee zum Mitnehmen trinken (Coffee-to-go), verwenden Sie einen eigenen wiederverwendbaren Becher oder nutzen Sie Mehrwegbechersysteme.
  • Bringen Sie beim Einkauf eigene Taschen mit. Zum Einkaufen von losen Lebensmitteln, wie beispielsweise Obst und Gemüse, aber auch für den gesamten Einkauf bieten sich mehrfach verwendbare Taschen und Beutel an. Es werden mittlerweile in vielen Supermärkten auch mehrfach nutzbare Netze für Obst und Gemüse angeboten.
  • Wählen Sie Mehrwegboxen. An der Frischetheke bieten einige Unternehmen bereits Mehrwegboxen an oder die Option, eigene wiederverwendbare Behälter mitzubringen. Dadurch können Einwegverpackungen gespart werden. In Folien vorverpackte Käse- oder Wurstscheiben führen zu mehr Verpackungsabfällen als Stückgut.
  • Greifen Sie zu Nachfüllbeuteln. Nachfüllbeutel z.B. für Seifen oder Reinigungsmittel reduzieren das Abfallaufkommen. Die Verpackungen der Nachfüllbeutel sind meist weniger aufwendig.
  • Probieren Sie den verpackungsarmen Einkauf aus. Werden in Ihrem Wohnort bereits weitere unverpackte Produkte angeboten? Beispielsweise als Selbstbedienbereich im Supermarkt oder in einem speziell dafür ausgelegten Unverpackt-Laden? Falls ja, dann sollten Sie das einmal ausprobieren.

Weitere Tipps zum verpackungsarmen Einkauf:  Umweltbundesamt | Für Mensch und Umwelt

Alles zum Thema Verpackungen:  Verpackungsverbrauch steigt weiter; mehr Recycling | Umweltbundesamt

Autor: Tim Bartels, aus:  UmweltBriefe, Dezember 2021