Das Bundesumweltministerium in Berlin
Das Bundesumweltministerium in Berlin. Foto Florian Profitlich, BMUV
2. August 2019 | Kommunales Nachhaltigkeitsmanagement

Vetorecht fürs Bundesumweltministerium

Mehr Macht fürs Bundesumweltministerium – das strebte bereits die Barbara Hendricks als Umweltministerin an und schrieb es in ihr Integriertes Umweltprogramm 2030. Nun hat dieses plausible Ansinnen der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) in seinem aktuellen Papier aufgegriffen und plädiert ebenfalls dafür. Weil die Politik trotz Öko- und Klimakrise zu zögerlich agiere.

Belastungsfähigkeit der Erde überschritten

Die Belastungsfähigkeit der Erde werde vielfach überschritten, sagt Ratsmitglied Wolfgang Lucht, Ko-Leiter der Abteilung Erdsystemanalyse am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung: „Klimawandel, Verlust biologischer Vielfalt und Umweltverschmutzung gefährden nicht nur die natürlichen Lebensgrundlagen unserer Gesellschaften, sie untergraben auch den Frieden und die Möglichkeit einer nachhaltigen Entwicklung.“ Die Umweltpolitik kommt zu wenig zum Zuge. Zwischen den Ressorts herrscht zu viel Konkurrenzdenken und Klientelpolitik.

Widerspruchsrecht für das Bundesumweltministerium

„Angesichts des Querschnittcharakters von Umweltschutz“, so die Umweltweisen in ihrem Sondergutachten, „muss die Rolle des Bundesumweltministeriums als Vertreter von Umweltinteressen gestärkt werden.“ Damit das Umweltressort im Kabinett „besser auf die Einbeziehung ökologischer Belange in allen umweltrelevanten Politikfeldern hinwirken kann“. Deshalb, so der SRU, sollte das Bundesumweltministerium mit einem „Gesetzesinitiativrecht außerhalb des eigenen Geschäftsbereichs für Angelegenheiten von besonderer umweltpolitscher Bedeutung“ ausgestattet werden. Darüber hinaus sollte Schulze & Co. in solchen Fragen „ein suspensives Widerspruchsrecht eingeräumt werden“, analog dem Recht des Finanzministeriums in Haushaltsfragen.

Mehr Macht für den Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung

Der Umweltrat schlägt ein Bündel von Reformen vor: Die Nachhaltigkeitsstrategie sollte verbindlicher ausgestaltet und in ihren Zielen finanziell unterlegt werden. Nicht nur das Bundesumweltministerium, auch der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung sollte gestärkt werden, zu Gesetzgebungsverfahren Stellung nehmen und eine substanzielle Kontrolle der Nachhaltigkeitsprüfung einzelner Gesetzentwürfe vornehmen.

Gesetzesprozess transparenter gestalten

Zudem sollte der Gesetzesprozess transparenter gestaltet und die Folgenabschätzung im Hinblick auf die ökologische Nachhaltigkeit gestärkt werden – alles, was der Rat für Nachhaltig Entwicklung (RNE), ein weiteres Beratergremium der Regierung, bereits seit mehr als zehn Jahren fordert. Doch ohne Erfolg. „Vor zwölf Jahren habe ich zum ersten Mal darüber gesprochen, dass wir noch immer von der Substanz leben. Das, so muss man konstatieren, hat sich bis heute nicht entscheidend geändert“, bilanzierte Kanzlerin Merkel 2018 bei der 18. RNE-Konferenz. Ob sich die sieben Umweltweisen vom SRU da nun mehr Gehör verschaffen? Ihr Urteil sollte Gewicht haben.

Das 270-seitige SRU-Sondergutachten Demokratisch regieren in ökologischen Grenzen – Zur Legitimation von Umweltpolitik erhalten Sie als PDF unter  Demokratisch regieren in ökologischen Grenzen – Zur Legitimation von Umweltpolitik (umweltrat.de)

Autor: Tim Bartels, aus  UmweltBriefe August 2019.