Im Test des VCD schneidet die Bahn wegen unpünktlicher oder ausfallender Züge schlecht ab.
Im Test des VCD schneidet die Bahn wegen unpünktlicher oder ausfallender Züge schlecht ab. Foto: CSschmuck/AdobeStock
7. Januar 2019 | Bürgerinfo

Bahn im Test: We apologize for any inconvenience

Mit der Bahn zu fahren ist die bequemste und (neben dem Fernbus) die umweltfreundlichste Art zu reisen. Nur: Die Bahn tut sich immer wieder schwer, ein guter Dienstleister zu sein. Das beweist mal wieder der Bahntest des Verkehrsclubs Deutschland (VCD). Dessen Urteil: „Die Bahn schneidet bei Pünktlichkeit und Kundenzufriedenheit im Fernverkehr leider nicht gut ab.“ 

Unpünktlichkeit und ausfallende Züge

Die Bahn frustriert ihre Kunden weiterhin mit Verspätungen. „Nur rund drei Viertel der Fernzüge kamen 2018 pünktlich an“, sagt die VCD-Vorsitzende Kerstin Haarmann. Und „pünktlich“ heißt bei der Bahn nicht auf die Minute pünktlich, sondern dass der Zug mit weniger als sechs Minuten Verspätung ans Ziel kommt. Bloß kann das dann schon zu spät sein, um einen Anschlusszug zu erreichen. Auch ausgefallene Züge, die nie an ihrem Ziel angekommen sind, werden in der Pünktlichkeitsstatistik der Bahn nicht erfasst. 2017 waren das auch immerhin ein Prozent der Züge, die nie den geplanten Endbahnhof erreichten.

Bei Verspätung Geld zurück

Nach 60 Minuten Verspätung gibt die Bahn 25 Prozent des Fahrpreises zurück sowie die Hälfte ab 120 Minuten. Doch das hält jeder vierte Bahnreisende für unverhältnismäßig, wie die Marktforscher von Quotas im Auftrag des VCD ermittelt haben. Demnach findet es die Mehrheit der Fahrgäste für angemessen, wenn 25 Prozent des Ticketpreises bereits ab 30 Minuten Verspätung und die Hälfte ab einer Stunde erstattet werden.

Bahnunternehmen in Frankreich und in Italien machen das bereits möglich. Noch besser: In den Niederlanden gibt es die Hälfte des Tickets zurück, wenn der Zug eine halbe Stunde zu spät ist; in Spanien werden dann sogar die gesamten Kosten erstattet.

Viele kennen Fahrgastrechte nicht

Aufwändig ist es hierzulande, seinen Rückerstattungsanspruch geltend zu machen. „Dass Fahrgäste handschriftlich Formulare ausfüllen sollen, ist nicht mehr zeitgemäß“, sagt VCD-Referent Philipp Kosok. Die Bahn erspart sich damit allerdings Regresskosten. Denn fast 40 Prozent der Reisenden holen sich das Geld gar nicht erst zurück. Nicht wenigen ist der ganze Papierkram zu mühsam. Noch mehr aber wissen davon gar nichts. Als häufigsten Grund nannten sie nämlich laut Quotas, ihre Fahrgastrechte gar nicht zu kennen.

Was jeder weiß, ist, dass man auf seinem Smartphone einen Fahrschein kaufen kann. Doch auch mit einem Klick Geld zurück, wenn der Zug verspätet ist: Das gibt es nicht. Noch nicht. Die Bahn entwickele derzeit ein Online-Tool, heißt es, damit Kunden ihre Ansprüche wegen Zugverspätungen nicht mehr über Papierformulare abwickeln müssen. Doch wann das soweit sein wird, traut sich die Bahn nicht vorherzusagen.

Mehr digitale Dienste

Dabei wünschen sich die Fahrgäste sehnlichst mehr digitale Dienste der Bahn. Knapp die Hälfte der Reisenden, die die App DB-Navigator nutzen, geben ihr die Schulnote sehr gut. „Hier scheint die Bahn bereits vieles richtig zu machen“, urteilt der VCD. Auch das kostenlose W-Lan nehmen knapp 59 Prozent der befragten Fahrgäste als verbessertes Angebot wahr. Gleiches gilt für den Mobilfunkempfang im Zug, von dem 48 Prozent sagen, er habe sich verbessert.

Marode Infrastruktur

Doch Unpünktlichkeit schrecke ab, ergab der Bahntest. Und das liegt auch am beklagenswerten Zustand des Schienennetzes. „Die Infrastruktur wurde jahrelang auf Verschleiß gefahren“, stellte kurz vor dem Winterfahrplanwechsel der Bundesrechnungshof fest. Antwort der Bahn: Preiserhöhung!

Ihr gutes Recht

  • Eine Stunde Verspätung und mehr. Ab einer verspäteten Ankunft am Ziel von 60 Minuten steht Ihnen eine Erstattung von 25 Prozent des Fahrpreises zu.
  • Zwei Stunden Verspätung und mehr. Ab einer verspäteten Ankunft von 120 Minuten steht Ihnen eine Erstattung von 50 Prozent des Fahrpreises zu.
  • Bagatellgrenze. Das Gesetz sieht eine Bagatellgrenze von vier Euro vor. Das bedeutet, dass eine Erstattung erst ab 16 bzw. 8 Euro möglich ist.
  • Ursache der Verspätung. Die Ursache der Verspätung spielt keine Rolle.
  • Wann die Zugbindung entfällt. Viele Bahntickets, zum Beispiel ein Sparpreis-Ticket, sind an eine bestimmte Zugfahrt gebunden. Droht eine Verspätung von zwanzig Minuten, entfällt diese Zugbindung. Hat ein Zug im Nahverkehr zwanzig Minuten Verspätung, dürfen Bahnreisende auch einen höherwertigen Zug, wie zum Beispiel einen ICE, nutzen.
  • Nahverkehr. Im Nahverkehr dürfen Bahnreisende einen anderen –auch höherwertigen Zug – nutzen, wenn eine Verspätung des ursprünglich gewählten Zuges von 20 Minuten droht.
  • Taxikosten. Erreichen Sie nachts wegen Verspätung oder Ausfall des Nahverkehrszuges Ihr Ziel nicht mehr, haben Sie Anspruch auf Erstattung von Taxikosten bis zu 80 Euro.
  • Übernachtung. Sollte wegen einer Abfahrts- oder Ankunftsverspätung von mehr als 60 Minuten eine Übernachtung erforderlich werden, muss das Eisenbahnunternehmen ein Hotelzimmer oder eine andere Unterkunft und den Transfer vom Bahnhof dorthin anbieten. Das Bahnunternehmen soll Mahlzeiten und Erfrischungen anbieten, soweit sie im Zug oder im Bahnhof verfügbar oder lieferbar sind.
  • Schlichtungsstelle. Reisende haben die Möglichkeit einer außergerichtlichen Schlichtung im Falle von Streitigkeiten mit dem Verkehrsunternehmen bei der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP).

Zum Bahntest des VCD:  VCD Bahntest

Ihre Rechte als Fahrgast:  Wenn die Fahrt mit der Bahn stockt (vcd.org)

Autor: Tim Bartels, aus  UmweltBriefe Januar 2019.